Nach der Nachtwache ist vor der Nachtwache

Samstag, 12. November 2011

Wo ist das Leben hin? Wo ist die Liebe hin?


Das Jahr geht zu ende, wie es anfing. Auf Phoenix läuft am Morgen eine Doku nach der anderen über den Vampirkult und Bram Stokers Figur Dracula. Heute fühle ich mich beinahe auch wie ein Untoter. Erschöpft von den nächtlichen Träumen, vom Hin- und Herwälzen im Bett. Die Sonne fällt fahl durch die Bäume, die nur noch wenig braunes Laub tragen. Der Blick auf die Straße ist frei. Mein Herz liegt wie eine Wunde offen. Und da sage mal einer, die Seele läge nicht im Herzen. Mir ist unheimlich zumute, und das hat nichts mit den Dokus über Vampire zu tun. Es ist, als ob der Tod in den letzten Tagen einen Schritt auf mich zu machte.
Die Wände meiner Wohnung wirken bedrückend. Ich trage die Wände förmlich in mir – wie eine Umklammerung. Ich fühle mich eingesperrt. Ängste schwirren um mich, Gespenstern gleich. Ich hole tief Luft und schaue durch das Astgewirr auf die Straße, wo Autos aus einem Nirgendwo in ein anderes Nirgendwo fahren. „All diese Menschen“, denke ich,“alle machen sie etwas, verfolgen ein Ziel, gehen Einkaufen, besuchen sich, bereiten das Essen vor, haben Termine ...“
Der Weg wird mich heute zurück ins Altenheim führen, wo ich über 50 Seelen in der Nacht wache. Es gibt kein Entrinnen, egal wie unruhig wir vorher im Leben sind. Nichts und niemand kann den Kreislauf des Werdens und Vergehens durchbrechen. Außer den Untoten, den Vampiren … Gibt es sie nicht doch, die Blutsauger? Begeben wir uns nicht tagtäglich in ihre Fänge? Sie trinken unser Blut und unser Leben. Wir merken es lange nicht. Erst wenn wir grau sind, und die Augen müde. Dann sagen wir: „Ich hatte ein Leben.“

Okay. Noch nicht. Nicht jetzt. Man kann ja mal ein Tief haben. Ich werde ihre Küsse vermissen, ihren Schlafzimmerblick. Und ihren Lockenkopf. Und noch einiges anderes. Tschüss. Das Jahr geht zu ende, wie es anfing: mit Abschied und Verlust. Die Liebe war ein Trugbild. Sie kommt anfangs immer schön und frisch daher, und dann verkümmert sie in rasantem Tempo. Oder sie begegnet einem als schöne, verführerische Prinzessin, doch dahinter verbirgt sich eine Hexe, die nichts Gutes im Sinn hat. Man denkt immer, dass man diesmal nicht auf den Betrug hereinfällt. Hinterher bleibt die Einsicht: wir waren uns gegenseitig nicht gut – nicht gut genug. Was für eine scheiß Einsicht!
Nochmal tief Luft holen … Der Welt ist es egal.

Freitag, 28. Oktober 2011

Bevor es wieder losgeht


Die Urlaubstage neigen sich dem Ende zu. Sie verflogen nur so. Ich schaffte es wirklich, kaum noch einen Gedanken an das Altenheim zu verschwenden. Wenn das Leben nicht so teuer wäre, würde ich noch weniger arbeiten. Aber wahrscheinlich ist es ganz gut, wenn man zwischendurch mit einigen Anforderungen konfrontiert ist, die man sich nicht aussuchen kann. Hinterher schätzt man die Freizeit umso mehr. Außerdem stutzt das Altenheim regelmäßig mein Anspruchsdenken zurecht. Ich habe wirklich keinen Grund, unzufrieden zu sein. Mir geht es verdammt gut. Das Glück liegt nicht in der Erfüllung großer Träume, - und schon gar nicht im materiellen Reichtum. Da läuft leider einiges schief in unserer Gesellschaft. Aber ich möchte gar nicht auf dieses Thema abheben. Wir wissen es. Wozu immer wieder von vorne anfangen? Wir sehen halt oft den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Ich bin froh, dass ich im Altenheim landete. Es ist zwar nicht immer leicht, aber es macht mehr Sinn als das Meiste, was ich in meinem Leben machte.
Die Vorstellung ist schon komisch, dass ich übermorgen nach vier Wochen wieder dort bin. Und ich weiß, dass es sein wird, als wäre ich gar nicht weg gewesen.




Um Euch mal zu zeigen, wie schön es hier ist:




Collage aus Photos, die ich vor ca. 6 Wochen auf einem Spaziergang durch die Weinberge machte

Sonntag, 2. Oktober 2011

Letzte Station


Nach mehrwöchigem Kampf hatte sie es geschafft. Oder wie soll man es sagen(?): Sie fand ihren Frieden, sie durfte gehen - dorthin, wo wir alle früher oder später ankommen. Ich nahm von der Greisin in meinem letzten Nachtwachenblock Abschied. Ich ahnte, dass ich sie nicht mehr sehen würde. Sie lag bereits in Agonie. Ich hielt ihre Hand und streichelte ihre Stirn, ihr graues Haar. Ich kannte sie als liebe, verwirrte Omi, die etwa drei Jahre lang bei uns lebte. Gestern wurde sie vom Bestatter abgeholt.
Die betagten Damen, die ich abends ins Bett bringe, fragten mich nach ihr. Sie bekamen mit, dass es der Frau sehr schlecht ging. Aber niemand wollte direkt aussprechen, dass sie im Sterben lag. Sie wissen alle, dass das Altenheim für sie die letzte Station ist. Sie sehen, wie sich die Reihen lichten und durch neue Gesichter wieder aufgefüllt werden. Ein Zimmer wurde frei, und die Warteliste ist lang. Schon in wenigen Tagen werde ich im selben Bett einen anderen alten Menschen begrüßen.
...
Ach so, ich habe ja Urlaub! Nur noch eine Nacht und dann vier Wochen kein Altenheim, keine Nachtwachen, keine Windeln wechseln und keine Abschiede ... Die Alten kommen und gehen. Es sind inzwischen so viele. Die einen sterben relativ überraschend, andere sterben zu lang. Eines Tages werde vielleicht auch ich, falls ich nicht schon vorher das Zeitliche segne, froh über ein Bett im Altenheim sein. Ich habe keine (eigene) Familie, und es wird für mich keinen anderen Platz geben. Ausserdem wollte ich meine Angehörigen und Freunde nicht mit der Pflege und Fürsorge belasten. Ich hoffe nur, dass ich geistig halbwegs fit bleibe - und auch als Greis noch richtig schöne und provokative Beiträge in den Blogs abfassen kann. Wer weiß? Ich kann nicht gerade sagen, dass ich scharf auf diese "letzte Reise" bin.

Okay. In einer Woche reise ich erstmal nach Prag. Bahnticket und Buchungsbestätigung für das Hotelzimmer liegen parat ... Ich freue mich!

Dienstag, 27. September 2011

Die Buchung


Was ein Schlumpftag. Endlich klappte die Online-Buchung zum Sparpreis. Ich fahre also im Oktober für`ne knappe Woche nach Prag. Jetzt muss ich mich nur noch nach einer günstigen Unterkunft umschauen. Heute nicht mehr. Ich habe eine geschlagene Stunde nur mit der Buchung des Bahntickets verbracht. Na, wenn das mal alles hinhaut. 2x Umsteigen. Und ab Nürnberg mit dem Bahnbus nach Prag.
Freni meint, dass es mir in Prag nicht gefallen wird - vorallem wegen des Tourismus, und weil Prag nicht typisch tschechisch wäre. Sie will sogar wetten. Mein Einsatz ist `ne Kiste Pilsner Urquell.
Wie komme ich eigentlich auf Prag? Es ist schon etliche Jahre her, dass ich Kafka las. Ich glaube mich zu erinnern, dass mich "Der Golem" von Gustav Meyrink, literarisch gesehen, besonders neugierig auf die Stadt machte. Ansonsten schwirren einfach nur diffuse Vorstellungen von Prag durch meinen Kopf ... Bald werde ich schlauer sein und konkrete Bilder vor Augen haben.
Florenz war auch so eine Geschichte. Und ich wurde damals nicht enttäuscht, obwohl auch dort der Tourismus überbordent ist. Ich liebe alte Städte, verwinkelt und abgründig.
Ich bin gespannt - und vier Tage werde ich`s aushalten können, selbst wenn es so gar nicht nach meinem Geschmack ist. Dann suche ich mir einfach ein schönes Plätzchen fernab von den Touristenströmen und trinke Pilsner Urquell. Ich befinde mich sowieso lieber auf Abwegen.

Wie gesagt: ein Schlumpftag heute. Leichtes Halskratzen. Ich bin im Nachtwachenblock, - verschlief den Tag. Jetzt vorm Computer. Draußen scheint die Sonne. Noch zwei Stunden, und ich muß schon wieder aufbrechen. Voll am Tag vorbei. Gar nicht richtig aufgewacht. Im TV hörte ich stundenlang Diskussionen über den Euro. Ich hörte selten so viel zu einem Thema - und kapiere trotzdem kaum was davon. Tschechien hat doch den Euro, oder? Sicher. Ich war schon jahrelang nicht mehr im Ausland außer in der Schweiz und letztes Jahr in Wien. Ist das erst ein Jahr her? Wahnsinn. Die Zeit hat einen Knall. Sie ist die Irrenanstalt unseres Bewußtseins. Obenrum die Zwangsjacke. Die Beine frei. So werden wir ständig vorwärts gestupst ...
Okay, ich fahre nach Prag!

Sonntag, 18. September 2011

Der lange Abschied


Wie sehr die Eltern von ihren Kindern auf den Sockel gehoben werden, erlebe ich oft im Altenheim. Die erwachsenen Söhne und Töchter können den körperlichen und geistigen Abbau ihrer Eltern oft nicht akzeptieren. Ist z.B. ihr Vater oder ihre Mutter offensichtlich demenzkrank, ignorieren sie dies einfach. Sie können die Veränderungen nicht hinnehmen, weil sie zu sehr von dem Bild abweichen, welches sie von ihren Eltern haben. Dieses Bild scheint wie eingebrannt zu sein. Die Nichtakzeptanz der Realität äußert sich dann durch eine Rollenumkehr. Die Kinder wollen ihre Eltern erziehen. Sie schimpfen mit ihnen, als wären diese Kinder, und sie schämen sich für sie, wenn sie bei den Mahlzeiten mit dem Essen spielen oder in die Hose machen ...
Eine Altenheimbewohnerin, die ich abends noch ins Bett bringe, beklagte sich wiederum bei mir: "Meine Tochter kapiert nicht, wie hinfällig ich bin ..., dass ich das alles nicht mehr kann. Die denkt immer noch, ich könnte rumspazieren, dabei sitze ich schon lange im Rollstuhl."
Die Söhne und Töchter sehen immer nur einen kleinen Ausschnitt vom Pflegealltag, wenn sie zu Besuch sind. Da sitzen ihre Eltern (normalerweise) geschniegelt und gestriegelt am Kaffeetisch. Von den vielen notwendigen pflegerischen Verrichtungen kriegen sie kaum was mit; und ich hege den Verdacht: viele wolle es auch nicht mitkriegen.
Irgendwann können sie es dann doch nicht mehr leugnen, dass ihre Eltern nicht mehr die sind, die sie bis dahin kannten und ehrten, die über Jahrzehnte unantastbare Autoritäten für sie gewesen waren. Das ist für viele schmerzlich. Nicht alles schaffen es, sich mit der Wirklichkeit zu konfrontieren. Auch Ängste vor dem eigenen Alt-Werden mögen dabei eine große Rolle spielen. Jedenfalls stellen manche ihre Besuche ein oder kommen mit der Zeit immer seltener.
Wir pflegen z.B. eine Frau, die sehr früh an der Alzheimer Demenz erkrankte. Vor 15 Jahren war die Tochter noch manchmal bei ihr - ich erinnere mich. Dann kam nur noch eine alte Schulfreundin - selten aber regelmäßig - ein paar Jahre lang zu ihr ans Bett. Die Frau wird schon lange enteral ernährt und ist völlig immobil. Wie eine überernährte Heuschrecke liegt sie mit ihren Kontrakturen im Bett, hustet Schleim ab und zuckt manchmal unwillkürlich. Sie stöhnt und stößt tierisch anmutende Laute aus. Eigentlich hat sie ihre krankheitsbedingte Lebenserwartung bereits um einige Jahre überschritten, aber durch die künstliche Ernährung und durch die Antibiotika-Gabe bei Infektionen "durfte" sie noch nicht gehen ... In meinen Augen ein ethisches Fiasko!
Die Angehörigen, sie hat einen Sohn und eine Tochter, die nicht allzu weit weg wohnen, schrieben sie vor Jahren schon ab. Welcher Knoten würde da wohl platzen, wenn sie heute der Anruf aus dem Altenheim erreichte, dass ihre Mutter verstorben sei? Vielleicht könnten sie dann erst richtig Abschied nehmen. Oder sie nähmen auch dies einfach nur noch am Rande wahr, weil sie ihre Mutter längst in ihren Köpfen und Herzen beerdigten ...
Geht denn das? frage ich mich. Ach, was weiß ich schon von deren familiären Verhältnissen?! Ich will ihr Verhalten nicht werten. Wer weiß, was alles dahinter steckt? Außerdem ist es ein Extremfall aus der Praxis. Im Großen und Ganzen fühlen sich die Kinder der Alten schon verpflichtet, regelmäßig zu kommen. Auch wenn einige mit dem Zustand ihrer Eltern nicht klarkommen - was sie oft am Pflegepersonal ablassen, indem sie aus einer Überfürsorglichkeit oder Hilflosigkeit ständig nach uns rufen.
Das Leben ist grausam. Am grausamsten ist die Hilflosigkeit, die wir im Pflegealltag beinahe permanent spüren. Dazu kommt die Überforderung durch zu wenig Personal ... Oft reagieren wir genervt, sind ausgepowert und können den Menschen nicht mehr das angemessene Mitgefühl entgegen bringen. Das tut mir leid. Irgendwie stecken wir alle in der Predouille: die Alten, die Angehörigen, die Ärzte, das Pflegepersonal. Immer wieder werden wir mit Grenzerfahrungen und Tabuthemen konfrontiert.

Ich würde gern eine Pause einlegen.

Auch ich habe Eltern. Sie gehen auf die Achtzig zu. Mein Vater hat eine beginnende Demenz. Ich liebe ihn. Vom Sockel stürzte ich ihn bereits vor vielen Jahren.
Manches ist mit Worten nicht zu sagen.

Montag, 12. September 2011

Die zwei großen Gs


Altenpfleger sucht Geldscheißer mit großem Herz, damit ihm die Felle nicht davonschwimmen.
Nein, man bekommt im Leben leider nichts geschenkt. Wenn ich nachts die Windeln öffne, rollen mir keine Golddukaten entgegen ...
Ich kann einfach nicht aufhören, von einer Geldsumme zu träumen, die es mir erlauben würde ... dies und das zu machen.
Letzte Nacht stieß es mir mal wieder unangenehm auf, wie endlich das Leben doch ist - und wie abhängig wir vom Geld sind. Und unserer Gesundheit natürlich. Geld und Gesundheit, die zwei großen Gs! Auf die kommt es an. Wobei zuviel Geld bestimmt den Charakter verderben kann. Zuviel Gesundheit auch? Möglich. Manchmal, wenn es mir so richtig gut geht, so dass ich Bäume ausreißen könnte, fehlt mir oft die Demütigkeit. Ich habe dann absolut keine Lust auf den ganzen Scheiß und würde lieber eine heiße Lady durchvögeln, als die Nacht im Altenheim zu verbringen.
Komisch: Wenn`s mir nicht so gut geht, bin ich bescheidener. Dann bin ich schon froh, wenn alles halbwegs klappt; dann freue ich mich über den Mond und die friedlichen Schnarchgeräusche, die aus den Bewohnerzimmern zu mir dringen.
Wenn`s mir zu schlecht geht, ist`s freilich aus mit dem Genießen ...
Alles eine Frage der Dosis. Geld und Gesundheit. Die Kunst ist es, von beidem nicht zu viel aber auch nicht zu wenig zu haben.
Momentan täten mir ein paar zusätzliche Moneten ganz gut. Ich wollte einmal im Leben noch nach New York. Eine fixe Idee, die sich aber mit den Jahren langsam manifestierte. Und ich würde mir mal für ein paar Monate ein richtiges Luxusleben leisten wollen, nur um zu schauen, wie das ist - an Traumstränden rumzuliegen, in Firstclass Hotels abzusteigen, Champagner mit Partymiezen zu trinken etc.
Es gibt da diesen Film mit Jack Nicholson und Morgan Freeman, die beide unheilbar krank sind und gemeinsam eine Liste zusammenstellen, auf der all die Dinge stehen, die sie noch gerne vor ihrem Tod machen würden. Und da der eine von den beiden stinkreich ist, können sie es verwirklichen.
Die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich klein, dass man totkrank im Krankenhaus liegend einen großhherzigen Geldscheisser als Bettnachbarn hat. Oder einen - wie in dem Film - der peu à peu sein großes Herz entdeckt. Jack Nicholson ist klasse in der Rolle. Erst am Ende wird das Ganze ein paar Portionen zu schwülstig - hollywoodmäßig.

Okay, ich mache mir keine Illusionen. Bevor ich eine Million geschenkt bekomme, sterbe ich - vielleicht eine million Mal. Mindestens.

Montag, 5. September 2011

Was ist ein Gedanke?


Ich schlappe durch die Flure, öffne Türen in andere Welten, höre auf ihr Atmen, Schnarchen, Grunzen. Die Nacht ist wie ein Schwarm unwirklicher, winzigkleiner Insekten. Die Viecher nagen an mir, fressen mich langsam auf.

Ich versinke müde im Sessel, schaue auf die Mattscheibe des TV. Sin City. Die Schatten lösen sich von den Gegenständen. Ich kann mich nicht halten und falle in einen porösen Halbschlaf. Die Zeit auf der Wanduhr steht still. Bruce Willis baumelt von der Decke und grinst mich an.

Das Piepsen des Schwesternrufs holt mich zurück. Ich erhebe mich wie in Zeitlupe.
"Was ist ein Gedanke?" Immer wieder frage ich mich das. Ansonsten Automatismus: Urinflaschen geleert, Windeln gewechselt, in alte, graue Gesichter geschaut, andere Welten berührt, Schritt für Schritt dem Morgen entgegen ..., als gäbe es dort eine Hoffnung. "Es gibt keine Hoffnung", denke ich auf auf meinem Weg, "es ist wegen dem Trotzdem ..."

Trotzdem funktioniere ich. Trotzdem mache ich, liebe ich, beuge mich über die alten Körper, nehme sie in den Arm, streichle sie. Es gibt keine Hoffnung.

"Was ist ein Gedanke?"
Sin City läuft immer noch, als ich von meiner Runde zurückkomme.

Mittwoch, 31. August 2011

Schlaflos


Leutz, ich bin hundemüde, weil ich nach den letzten zwei Nachtdiensten nicht genug Schlaf kriegte. Weiß, der Teufel, warum. Vielleicht hätte ich den Rolladen runterlassen, - oder ein Abkommen mit dem Postzusteller treffen sollen, dass er Toaster und Badewannenmatte, die ich im Internet bestellte, einfach vor meiner Tür abstellen soll. (Wir müssen noch vertrauter miteinander werden.)

Kennt ihr das Gefühl, wenn man saumüde ist, aber nicht schlafen kann?
Ich kenne es mittlerweile zu gut. Da hilft kein Kaffee. Und Sex schon gar nicht ...
Ja, ich weiß, im Internet surfen hilft auch nicht.
Aber scheiß drauf.

Da sitze ich also, wende den Kopf mal nach links und mal nach rechts. Wenn ich nach rechts schaue, sehe ich in etwa diese Kulisse:





Bücherregal und Anlage



Noch eine Nacht - mit Zahnstochern, um die Augen offen zu halten.

Samstag, 20. August 2011

Der Sommer schaut rein




Züchterklause



Der Sommer zeigt sich, und ich würde gern im Biergarten abchillen.
Leider mal wieder Nachtdienst. Die Augendeckel sind noch schwer. Ich blinzele in den hellen Tag. Das Leben wäre ohne Arbeit unerträglich schön. Vielleicht verlege ich mich nach der Pensionierung auch auf`s Schachspielen - in der Kneipe oder im Biergarten.
Nein, glaube ich nicht. Die beiden Herren auf dem Photo spielen Blitzschach. Sie sind ganz eingehüllt von der Schach-Intelligenz.
Lieber Skat, das ist geselliger.
Oder ein Buch lesen und einfach versinken. Sprache ist etwas wunderbares.
Gestern stand ich am Bett einer Alten, und lauschte ihren Erzählungen von der Kindheit - die sei sehr schön gewesen, sagte sie. Ihre Eltern hatten ein Hotel, das erste am Platz, und sie tanzte als kleines Mädel zwischen den Gästen ..., oder sie spielte im Schrebergarten vom Großvater ...; das war noch vorm Krieg.
Sie erzählte und versank in ihren Erinnerungen. Ich konnte es richtig sehen. Sie war jetzt dort - und glücklich. Müde lächelte sie mich an. Ich wünschte ihr eine gute Nacht und verließ leise das Zimmer.

Dienstag, 16. August 2011

Europäischer Gerichtshof stärkt Hinweisgebern auf Mißstände den Rücken


Melusine, die alte Schwerenöterin und Forenmama von Literarchie, informierte mich zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - einen Fall betreffend, wo eine Altenpflegerin Strafanzeige (wegen Betruges) gegen ihren Arbeitgeber (ein Altenheim) stellte, weil sie die Hygiene und ausreichende Pflege der Bewohner nicht gewährleistet sah. Daraufhin wurde ihr gekündigt (logisch).
Und nun sagte also der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass die Kündigung nicht rechtens war.

Hier nachzulesen: Whistleblower Fall

Ich würde mir wünschen, dass von diesem Urteil etwas Signalwirkung ausginge.
Wir Altenpfleger(innen) hängen ja stets zwischen den Stühlen - zwischen der vom Arbeitgeber angemahnten Loyalität und unserer professionellen Arbeitsauffassung bzw. unserem Gewissen, wenn es z.B. durch Personalmangel zu dauerhaften Pflegemißständen kommt.
Aus meiner Erfahrung verschärft der Arbeitgeber bei Kritik eher den Druck auf die Mitarbeiter, als dass er mehr Pflegekräfte einstellt. Und leider ziehen die Kollegen/Kolleginnen nicht alle am selben Strang - teils aus verständlicher Sorge um ihren Arbeitsplatz, teils aus arschkriecherischem Opportunismus den Vorgesetzten gegenüber. Man kann es sich (auch oder gerade) in schlecht geführten Altenheimen bequem machen. Die pflegebedürftigen Alten müssen es ausbaden.
Vorallem die Hygiene und die soziale Betreuung leiden unter solchen Zuständen.

Auch ich erhielt im Laufe meiner Altenpflegetätigkeit mehrmals Dämpfer, wenn ich auf Dienstbesprechungen allzu kritisch wurde.
Da überlegt man sich bei den nächsten Besprechungen zweimal, ob man die Klappe aufmacht.
Mein Respekt vor dieser Berliner Kollegin, die nicht nur den Mund aufmachte, sondern, als sich nichts änderte, den Mut zur Strafanzeige hatte ...

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