Gott gab dem weißen Mann die Uhr und dem Affen die Zeit
„Gott gab dem weißen Mann die Uhr und dem Affen die Zeit“, saugut und irgendwie wahr, oder?
Ein schwarzer deutscher Kabarettist sagte diesen Satz in einer TV-Talkrunde. Es ist nicht sein Satz. Irgendeiner seiner Vorfahren äußerte ihn wohl mal. Ab und zu komme ich während des Nachtdienstes in den Genuss solcher Sachen. (Haha.) Und diesmal schrieb ich mir es auf.
Zu viele geniale Gedanken und Träume verschwinden für immer im Orkus des Vergessens.
Das Vergessen ist wie ein Schwarzes Loch. Alles was in den Bereich des „Ereignis-Horizonts“ kommt, wird gnadenlos verschluckt – auf Nimmerwiedersehen.
Und irgendwann weitet sich der Ereignishorizont aus. Das nennen wir Demenz. Dabei vergessen wir erst das Naheliegende, während sich das Entfernte noch hält. Warum? Keine Ahnung. Irgendwann vermischen sich die Zeiten in der Realität. Die dementen Alten reden mit mir nicht auf meiner Gegenwartsschiene. Sie sehen in allen möglichen Gegenständen Dinge aus ihrer Vergangenheit, und manchmal verwechseln sie auch die Personen. Ihr Bewusstsein muss in etwa so irreal sein, wie wir es aus unseren Träumen kennen – nur träumen die Dementen nicht.
Wir (dagegen) schauen immer nur auf die Uhr. Den ganzen Tag. Wir sind gehetzt von Verpflichtung zu Verpflichtung …, welche Zeit ist nun die richtige? Unsere wunderbar abgemessene und erklärte Zeit - oder die Zeit, die sich der Rationalität entzieht, die ihre skurrilen Wendungen nimmt? Was bedeutet eigentlich Zeit? Und was bedeutet Vergessen? Wir fühlen uns doch nur solange sicher, wie wir in einer allgemeinen Übereinstimmung mit unserer wahrnehmbaren Umwelt existieren und also überlebensfähig sind – dabei betrachten wir als selbstverständlich, dass dies dann auch die einzig wahre Wirklichkeit sein muss.
Aber auch der Affe überlebt. Vielleicht wird er sogar auf lange Sicht besser als der Mensch überleben.
Ich frage mich, ob wir modernen Menschen nicht einer Art Demenz aufsitzen – sozusagen eine Demenz, die umgekehrt funktioniert …, dass die kurzlebigen Sachen gefördert werden, während die Nachhaltigkeit in den Sumpf des Vergessens getreten wird.
Sicher gibt es einen Magneten in der Evolution, welcher uns kaum eine andere Wahl lässt. Das ist auch der Grund, warum ich, was die Zukunft der Menschheit angeht, pessimistisch bin.
bonanzaMARGOT
- 01. Sep. 12, 15:39
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